Thesen
Der Farbtonartenkreis ist die erste vollständige und beweisbare Farbenordnung der Wissenschafts- und Kunstgeschichte. Seine lückenlosen Farbbänder dokumentieren die Vollständigkeit, das System der abstrakten, logisch voneinander ableitbaren Farbnamen belegt die Unteilbarkeit der Farbenordnung.
Der Farbtonartenkreis ist der Farbenlehre Goethes verpflichtet. Goethes 6-Farben-Ordnung ist in Übereinstimmung mit den Gesetzen der Farbbänder entstanden und kann deshalb mit:
- dem System der 6 Farbbänder,
- dem System der 18 Farborte,
- dem System der 18 Farbtonarten,
- dem System der 18 Idealfarben,
- dem System der 18 abstrakten, logisch voneinander
- ableitbaren Farbnamen und
- dem System der 9 diametral angeordneten Komplementär-farbenpaare vervollständigt werden.
Die Koinzidenz der 6 Systeme der Farbenordnung schafft ein begründetes Regelsystem, eine Ordnung der Farbzeichen für den Bau von Farbsprachen und ein logisches, allgemeinverständliches Forschungs- und Gestaltungswerkzeug für die Funktionen: Farbordnung, Farbkennzeichnung, Farbübersicht, Farbanalyse, Farbsynthese, Farbinspiration, Farbinterpretation, Farbtranskription und Farbkontrolle.
Der Farbtonartenkreis ist ohne Übung anwendbar. Gesundes Augenlicht, Farbeninstinkt und logisches Denken sichern, auf natürliche Art und ohne jedes technische Gerät, die exakte Farbbestimmung und die zuverlässige Verständigung über Farben in der Praxis.
Der Farbtonartenkreis hat sich in 50 Jahren Berufspraxis in der Architektur, im Städtebau, in der Denkmalpflege, bei Autorenkontrollen auf den Baustellen, bei Behördenentscheidungen, im Unterricht und im Malatelier bestens bewährt. Das Buch stellt die kurzen und präzisen Informationen des Farbtonartenkreises schnell und unkompliziert zur Verfügung – zugleich bietet es eine Vielzahl von Gestaltungsvorschlägen, besonders die einfachen Lösungswege, die vor allem in Belastungssituationen zu oft und zu leicht übersehen werden. Wer die Information hat, kann schneller und sicherer über die Anwendung der Regel oder das Maß der Abweichung entscheiden.
12- und 24-teilige Farbkreise
Farbkreise mit 12 oder 24 Einzelfarbtönen entstehen im Widerspruch zu den Gesetzen der Farbbänder. Sie sind deshalb systemlos, unvollständig und nur mit unzumutbarem Aufwand kontrollierbar. Mit 12 oder 24 Einzelfarben lassen sich 18 Farbtonarten nicht darstellen. Für die vollständige Abbildung aller 18 Farbtonarten sind etwa 60 Farbtonstufen erforderlich.
Systemlose Farbenkreise
In den Farbenordnungen von:
- Ostwald,
- Adam (TGL-Farbenkreis),
- Itten,
- Küppers
und in folgenden Farbsystemen:
- RAL-Designsystem,
- NCS (Natural Color System),
- Munsell Color System,
- Pantone Matching System (PMS),
- RAL CLASSIC u. a.
fehlen:
- das System der Farborte,
- das System der Farbbänder,
- das System der Farbtonarten,
- das System der Idealfarben,
- das System der abstrakten Farbnamen und
- das System der 9 Komplementärfarbenpaare.
Die Gleichabständigkeit von Farbton zu Farbton
Für die Qualitätenordnung der Farben sind die Methoden der lichtmetrischen und der empfindungsgemäßen Gleichabständigkeit von Farbton zu Farbton als grundsätzlich kontraproduktiv anzusehen. Farbqualitäten lassen sich nicht durch Messungen und Gleichabständigkeiten ermitteln. Die gleichabständige Stufung von Farbton zu Farbton zerstört unvermeidbar die Hierarchie der Farbqualitäten in einem Vollfarbenkreis. Farbbänder werden zerstückelt, Farbenfamilien ausgelöscht und in vereinzelte, anonyme, optisch schwer zuzuordnende Farbrelikte aufgesplittert, die großen Sinnzusammenhänge zwischen den Farbtonarten gehen verloren. Es gibt keinerlei Orientierung mehr unter den Farben. Abgesonderte Farbtonstufen können dann nur noch mit hohem Aufwand am Farbtonartenkreis zugeordnet oder durch Wellenlängen definiert werden.
Völlig anders verhält es sich dagegen bei der weiteren Differenzierung der Farben. Zur Erweiterung des vollständigen, folgerichtig aufgebauten Farbtonartenkreises ist die gleichabständige Farbtonstufung zur Bestimmung der Farbenvielfalt uneingeschränkt sinnvoll. Die Verortung der Farbqualitäten und die Verortung der Farbenvielfalt sind also nur mit gänzlich unterschiedlichen Mitteln und Methoden realisierbar.
Die Hierarchie der Farben ergibt sich aus der Koinzidenz der Systeme der Farbenordnung. Fehlt die Hierarchie der Farbqualitäten in einem Farbenkreis, müssen Fakten auswendig gelernt werden. Unsere „natürliche Farbnavigation“ orientiert sich an Idealfarben und an der Hierarchie der Farbqualitäten, nicht an Wellenlängen und Gradeinteilungen.
Physiker und Mathematiker
Physiker und Mathematiker messen und zählen, und gerade das hat die Wissenschaft auf den hohen Stand gebracht, der sie heute auszeichnet. Im Gegensatz dazu sagt Prof. Harald Lesch: „Man kann nicht alles berechnen, die Liebe, das Glück …, man muß auch die Ordnung der Qualitäten beachten.“ In diesem Sinne ordnet Goethe Qualitäten – Farbqualitäten: die Primär- und Sekundärfarben. Goethes Farbqualitäten lassen sich mit mathematischen und physikalischen Mitteln nicht beweisen. Die Hierarchie der Farben ist mit technischem Gerät nicht detektierbar.
Die systematische Ordnung der Farben
Bereits vor rund zwei Jahrhunderten lag der systematisch geordnete Farbenkreis Goethes vor, der alle Grundbausteine einer logischen Farbenordnung vorgibt. Dieser Farbenkreis erklärt:
- das System der Farborte,
- das System der Idealfarben,
- das System der abstrakten Farbnamen und
- das System der diametral gegenüberliegenden Komplementärfarbenpaare.
Goethes 6-Farben-Ordnung ist in Übereinstimmung mit den Gesetzen der Farbbänder entstanden. Sie kann deshalb mit allen 6 Systemen der Farbenordnung erweitert werden. Goethes Farbenkreis ist ohne Übung anwendbar, weil er auf natürlicher Farborientierung gründet. Gelingt es, seine Systeme logisch zu ergänzen, bleiben alle Vorteile seiner Farbenordnung erhalten.
Eine natürliche Farbenlehre
Mit unseren Gefühlen suchen wir nach verborgenen Gesetzen. Gefühle können jedoch täuschen. Im Instinkt ist das Wissen der Überlebenden gespeichert. Unser Farbinstinkt funktioniert mit größter Präzision, exakter als jedes technische Gerät. Goethe macht uns auf unsere ererbten Fähigkeiten aufmerksam. Er drückt das in seinem Text „Roth 792.“ so aus: „Man entferne bei dieser Benennung alles, was im Roten einen Eindruck von Gelb oder Blau machen könnte. Man denke sich ein ganz reines Rot …“[1] Er schreibt: „Man denke sich …“ Man kann sich viel denken. Lottozahlen wären kein Geheimnis, wenn wir einen Instinkt für Lottozahlen hätten. Leider fehlt uns hier die innere Stimme. Im Gegensatz dazu besitzen wir ein ererbtes, ein untrügliches „bordeigenes Farbnavigationssystem“. Wir können „Farben denken“. Es entsteht eine klare Vorstellung im Kopf von einem reinen ROT, einem reinen GELB und einem reinen BLAU und mit etwas Übung eine klare Vorstellung von allen anderen 15 definierbaren Idealfarben. Nicht mehr und nicht weniger. Wenn wir erst wissen, dass wir einen Farbinstinkt besitzen, und ihn richtig nutzen, funktioniert diese Fähigkeit – ähnlich wie das Fahrradfahren – fehlerfrei bis an das Lebensende. An den Idealfarben unserer Farbvorstellung müssen sich alle Farben der additiven und der subtraktiven Farbmischungen messen und kontrollieren lassen.
Für unsere Augen und unseren natürlichen Orientierungssinn sind Wellenlängen völlig uninteressant. Wir können Wellenlängen mit bloßem Auge nicht wahrnehmen und Physiker können an den gemessenen Wellenlängen nicht erkennen, ob Farbtöne zu den Primär-, Sekundär-, Tertiär- oder Quartärfarben gehören. Ganz offensichtlich bestehen für die Apparatephysik andere Bedingungen als für die Farbensprachen, die wir mit unseren angeborenen Fähigkeiten erkennen und verstehen. Die unterschiedlichen Farbsignale sind nicht vergleichbar.
- Mit technischem Gerät kann man Stoffe im Universum an ihren Farben erkennen.
- In astronomischen Geräten verändern Objekte, die sich schnell von uns entfernen, ihre Farben in Richtung Rot.
- Besonders heiße Objekte zeigen am Sternenhimmel eine blaue Farbe.
- Mit unserer natürlichen Wahrnehmung werden rote Farben als warme Farben der Nähe und blaue Farben als kühle Farben der Ferne empfunden.
Ob Goethes Definitionen und unsere natürlichen Fähigkeiten mit der Realität übereinstimmen, lässt sich sehr leicht nachprüfen. Erforderlich ist ein einfaches Experiment: Nach einer kurzen Einweisung werden lückenlose Farbbänder mit nummerierten Farbtonstufen an Studenten verteilt. Aufgabe ist es, aus 6 Farbbändern alle 18 Idealfarben auszuwählen: Das reine ROT, das reine GELB, das reine BLAU und alle anderen Idealfarben sollen in geheimer Wahl bestimmt werden. Wenn lückenlose Farbbänder an allen Universitäten zur Farbbestimmung vorgelegt würden, könnten wir wissen, ob Menschen in Asien, Afrika, Amerika, Europa und Australien Idealfarben in gleicher Weise oder unterschiedlich abgrenzen. Sind die Toleranzbereiche für Primär-, Sekundär- und ideale Tertiärfarben definiert und vermessen, läge ein geordnetes System für die Verständigung über Farben und für alle Funktionen der Farbverarbeitung mit einer Farbqualitätenordnung und eingemessenen Wellenlängen vor. Für die natürliche Farbwahrnehmung gelten eigene Gesetze. Kreativ arbeitende Menschen sind auf Farbenordnungen angewiesen, die alle Gesetze des natürlichen Farbensehens und alle angeborenen, im Hintergrund laufenden Fähigkeiten der Menschen bei Bedarf unterstützen. Sie benötigen deshalb eine eigene logische Farbenordnung, ein Werkzeug zu exakter Verständigung und Orientierung, ein Arbeitsmittel für eine wirksame Inspiration und die notwendigen Kontrollen im Bereich der Farben – im System wie in der Gestaltung.
Bisher erzeugt jedes technische Gerät eine isolierte Sprache der Farbsignale. Ob ein übergeordnetes Prinzip die verschiedenen technischen Farbsprachen integriert, muss von Physikern ergründet werden. Es ist eine technische Farbenlehre erforderlich, die alle durch technische Geräte entstehenden Ergebnisse erforscht, und eine natürliche Farbenlehre, die mit gesundem Augenlicht, Farbinstinkt und logischem Denken funktioniert. Jede Ordnung soll für sich, also getrennt, erforscht, logisch und beweisbar aufgebaut und erst zu einem späteren Zeitpunkt zusammengeführt werden.